kern der dinge
Achim Weinberg erforscht den Kern der Dinge. Er nähert sich scheinbar unbedeutenden Objekten und bildet sie in extremer Nahsicht ab. (…) Die Strahlkraft dieser Bilder rückt das Unbedeutende in die Nähe einer Ikone, einem Andachtsbild zur induktiven Betrachtung der Welt.
Guido Schmid
im Ausstellungskatalog faden gefüge form,
Museum Schloss Ratibor, 2016
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bei den portraits…
…handelt es sich um Fotografien, die sich durch eine bemerkenswerte Tiefenräumlichkeit und höchste farbliche Brillanz auszeichnen.
Um den „Portraitierten“ maximale Präsenz zu verleihen, werden die Fotografien mit einem neuen Verfahren gedruckt, einem Fine-Art-Print, der elf, statt der
herkömmlichen vier Farben einsetzt. Auch hier, in der Fotografie, arbeitet Weinberg mit dem Gegen- oder besser, mit dem Durchlicht und erzeugt mittels eines von ihm entwickelten Verfahrens jene
so plastisch anmutende Tiefe.
Die Präsentation der Konterfeis in Reihen und Blöcken eröffnet unmittelbare Vergleichsmöglichkeiten. Charakteristische Eigenheiten des oder der jeweils
Portraitierten werden ebenso wie feine Nuancen schneller erfasst, was scheinbar beiläufig die Einzigartigkeit jedes Individuums noch deutlicher vor Augen führt.
Es ist eine besondere Freude, dass eigens anlässlich unserer Ausstellung „Reihe – Rhythmus – Raum" ein Katalog erschienen ist. Der Bildband Portraits ist mehr noch
ein Kunstbuch, das in seiner Aufmachung, mit dem wissenschaftlich forschenden Blick einerseits und seinem ästhetischen Blick andererseits, ein wenig an Karl Blossfeldts 1928 erschienene Urformen
der Kunst erinnert.
In Weinbergs Buch sind die meisten Werke, die in der Ausstellung zu sehen sind, abgebildet.
Da keines der Portraits identisch, sondern absolut individuell ist, wurden die „Persönlichkeiten“ von Achim Weinberg mit Vornamen versehen.
Christiane Lischka-Seitz
Auszug aus der Eröffnungsrede zur Ausstellung
„Reihe – Rhythmus – Raum“, Karlshof / Ellingen
Christiane Lischka-Seitz leitete von 2004-2012 das
Museum Lothar Fischer in Neumarkt i.d.OPf.
Die Kunsthistorikerin ist als Autorin und Kuratorin tätig.
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die mehrdeutigkeit
als prinzip des sehens
... So verschieden alle diese Arbeiten sind, so haben sie meines Erachtens doch einen inhaltlichen Zusammenhalt. Achim Weinbergs
Arbeiten bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Erfinden und Finden, zwischen Berechnung und Zufall. Die konkreten, nachvollziehbaren, rückzuerschließenden Formen genügen sich selbst,
ermöglichen aber durchaus Assoziationen und Übertragungen auf andere Bereiche als die der Kunst.
In den Objekten Achim Weinbergs wird die Mehrdeutigkeit als Prinzip des Sehens, das ja nie statisch ist, sondern immer Beziehungen
zwischen verschiedenen Elementen, zwischen Formen und Farben herstellt, in Spannung gesetzt mit eindeutigen, exakten mathematischen Formationsregeln.
In den Fotoarbeiten, seinen neuesten Arbeiten, konzentriert er sich auf die Mehrdeutigkeit als Prinzip des Sehens. Und sie hängt nun mal ab von den Bezügen zwischen Subjekt und Objekt – „Alles
was im Subjekt ist, ist im Objekt und noch etwas mehr. Alles was im Objekt ist, ist im Subjekt und noch etwas mehr.“ Dies schrieb Goethe in seinen Maximen und Reflexionen.
Dr. Amelie Himmel, 2006
aus dem Katalogtext „Mehr als die Substanz“
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... So wie diese Darstellung eine gewisse Morbidität
und gleichzeitig Anziehungskraft ähnlich einem Vanitassymbol vermittelt, steht doch an linker Position die zartblütengleiche Reinheit. In der Mitte ereignet sich sowohl formal als auch inhaltlich
schlüssig lebendige Pracht und ein stark energiehaltiges Strömen.
Drei existenzielle Zustandsformen klingen an und sind eng verbunden mit einem Mantra des Künstlers
„vom zentrum aus zum zentrum hin“
Klar benennbare und in ihrer Interpretation doch offene Bilder werden ausgelöst, ein Sehgenuss an Schönheit und Ausgewogenheit erzielt und gleichsam grundmenschliche Themen berührt.
Ulrike Rathjen, 2007
aus dem Katalogtext zur Arbeit „Kommen und Gehen“
Ulrike Rathjen ist Kunsthistorikerin und Yogalehrerin,
arbeitet frei und seit 2009 auch im Neuen Museum Nürnberg.
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der künstler tritt
einen teil seines kunstwollens
an die natur ab
Silvia Schindler, 2008
aus dem Katalogtext „Umwandlung – Umwertung“
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honigtisch, ...
... eine auf einem niedrigen Metallgestell montierte rechteckige Glaswanne, die von unten hell erleuchtet wird – die offene Wanne ist mit Honig befüllt. Das Objekt steht an der rechten Seitenwand des Kellers. Triptychon nimmt das Auge gefangen, der Blick schweift zum Honigtisch – zu Helligkeit und Lichtfülle gesellen sich völlig neue Eindrücke. Die organische Substanz Honig wird sinnlich wahrnehmbar, die leuchtende Masse verströmt verführerischen Duft. Während Triptychon die Assoziation des Kosmischen zuläßt, erdet Honigtisch die Sinneswahrnehmung förmlich.
Auf Beginn, die dritte Arbeit der Installation, fällt der Blick erst beim Verlassen des Gewölbes. Relativ klein, hängt der Lichtkasten auf der rückwärtigen Kellerwand, nahe dem Ausgang. Ein
Honigtropfen, auf Watte gebettet, ein Goldnugget?
Entspringt Leben aus Teilung oder Verschmelzung? Ist im Großen das Kleine enthalten oder birgt das Kleine die Urform des Großen?
Silvia Schindler, 2008
aus dem Katalogtext „Gold, Ortung Schwabach“
Silvia Schindler, geb. 1946 in Überlingen/Bodensee,
Kunsthistorikerin, liebt Kunst und Natur gleichermaßen.
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"... Neben der Verwendung alltäglicher Präparate gibt es auch die andere Seite der Objektkunst:
die herstellung eines vollständig
neuen gegenstandes,
als Analogie zur industiellen Produktion oder als Paradoxie der Gebrauchswelt, so geschehen in Achim Weinbergs Kleinem Oval, einem
in dieser Form angeordneten, honiggefüllten Silikonschlauch."
Armin Mühsam, 1999
in Applaus Kultur-Magazin, München
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da gibt es dinge, die immer wiederkehren.
Manchmal denke ich, nun würde ich etwas ganz anderes machen als früher. Und im Rückblick stelle ich fest, dass bestimmte Dinge
immer wiederkehren. Egal ob ich Objekte gebaut habe, oder gebaute Objekte fotografierte, oder Dinge aus meinem Alltag heute zu meinem Material geworden sind – bestimmte Themen sind immer
da.
Ein Motiv zieht sich nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten wie ein Faden durch meine Arbeit …
die hülle und der kern
… damit verbunden sind Grenze und Begrenzung … dann die Auflösung der Grenze … zum Beispiel durch Unschärfe an den Kanten … das
Gegenlicht in der Fotografie … ebenso wie in den Objekten … und so fort.
Mittlerweile finde ich es gut, dass es so ist. Mehr noch, ich würde sagen, das sind die spannenden Dinge, die wirklich etwas
mit einem selbst zu tun haben.
Achim Weinberg, 2014
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