Seit knapp zwei Jahren arbeitet Achim Weinberg künstlerisch ausschließlich mit Lockenwicklern, schnell entwickelte die Werkgruppe eine starke Eigendynamik und mehrere Bedeutungsebenen.
Die Beschäftigung mit organischen Formen und Strukturen reicht bis in die 1990er Jahre zurück. Hülle und Kern, die Zelle und das Wachstum sind seither seine Themen. Er arbeitet bevorzugt mit Materialien, die seinem Alltag entspringen, wie etwa Milch und Honig, Schnittblumen und Früchte, oder auch Wattestäbchen. Der Lockenwickler, mit seiner runden, offenen Konstruktion, erwies sich als der geeignete Ausgangspunkt für die aktuellen Objekte. Das große Farbspektrum und die Transparenz ermöglichen darüber hinaus auch eine malerische Komponente. So verhalten sich die Lockenwickler wie Rasterpunkte, deren Farben sich vermischen, ähnlich wie in spätimpressionistischen Gemälden, die ihn während seines Malerei-Studiums faszinierten.
Ausschließlich gebrauchte Lockenwickler kommen zum Einsatz, erworben auf Ebay und Kleinanzeigen. Aus der Kommunikation mit den Verkäufer*innen entstand eine zweite Projektebene: Sie stellen dem Künstler Namen, Geschichten und Fotos, der ursprünglichen Besitzer*innen zur Verfügung und er fertigt daraus Dokumente, die eine narrative Brücke zum Betrachter herstellen. Zudem verweist in jedem Objekt ein Lockenwickler mit Namens-Etikett auf dessen Vorgeschichte und das Objekt erhält den Vornamen der Teilnehmer*in als Titel.
Die vielen verschiedenen Ausführungen, Farben und Größen der Lockenwickler entfachten im Künstler eine Sammelleidenschaft und die Vorstellung einer Art Typologie. Hierzu arbeitet er an zwei großen Objektkästen mit jeweils einhundert Exponaten. Diese immense Vielfalt an Produkten, die nur dem „Zweck der Locke“ dienen, wirft Fragen zu unserer gesamten menschlichen „Dingwelt“ auf: Wieviele Ideen, Erfindungen, Energie und Ressourcen verwenden wir, um all diese Dinge herzustellen? Und wieviele davon brauchen wir tatsächlich?
Parallel arbeitet Weinberg an einem „Lockenwickler-Buch“, das neben seinen Objekten und den Fotos und Geschichten der Teilnehmer*innen auch historische und gesellschaftliche Aspekte des Lockenwicklers beinhalten wird.